Donnerstag, 6. September 2012

MEMORY – Lustige und tragische Bilder - Und Moehsnang Werke an den Wänden!



Am 1. September regnete es und es war sehr dunkel draussen. Wir malten zum ersten Mal drinnen in einem grossen Raum. Zwei Mädchen, die beide noch nicht so gut Deutsch sprechen, haben am Vormittag mit einer Seniorin über ihre Familien gesprochen. Ihre Partnerin war eine betagte Frau, sie sitzt öfters alleine im Eingang und schaut zu wer da so kommt und geht. Sie spricht nicht viel und sie benötigt einen Moment Zeit, bis sie antwortet. 


Das war eine spannende Partnerschaft, gegensätzlicher könnten die Paare nicht sein. Aber die kleineren Kids sind unkompliziert und sie sprechen die alten Leute öfters auch per DU an und sie scheuen auch den Köperkontakt überhaupt nicht. 


Wenn es nötig ist helfen sie den Betagten gerne beim Malen und zeigen ihnen spontan wie sie es besser machen können. Auf den MEMORY Bildern sind nun zwei fröhliche Familien mit vielen Kindern abgebildet, auch die Seniorin stammt aus einer zahlreichen Familie mit 6 Kindern. Die schweigsame Frau taute zunehmend auf. Die daneben sitzenden „Männer“, d. h., ein Zweitklässler und ein schwerhöriger über 90 Jähriger sprachen über Heldengeschichten. So zeichnete der Zweitklässler schliesslich sein Gegenüber als dieser ein Soldat war, natürlich in einer heutigen Gameversion und der Senior zeichnete den kleinen Jungen als Fussballspieler. Beide waren sehr vergnügt mit ihren Bildern beschäftigt. 


Nach der Mittagpause wechselte das Team auf beiden Seiten, es kamen 4 Kids, zwei Girls und zwei Jungs und es kamen 6 Frauen und ein Mann. Da war ganz offensichtlich etwas bei den Partnerschaften und Zeiten durcheinander geraten, lustig. 


Auch die schweigsame Frau kam am Nachmittag wieder pünktlich und sie wollte unbedingt nochmals malen! Sie war nicht zu vertrösten, sie solle etwa eine Stunde später wieder kommen, so sprang Diego als Partner spontan ein und sie unterhielten sich miteinander über ihre je erste Erinnerung. 


Und der Mann der auf dem Programm war kam nur um mitzuteilen, dass er heute nicht malen mag. So sprang eine Frau ein, die eigentlich nur etwas an ihrem an einem vorherigen Tag gemalten Bild korrigieren wollte. Eine weitere Seniorin kam zu früh und war froh, dass sie ihren Mittagsschlaf verlängern konnte und kam dann wieder gegen 16h. So startete Heba mit ihrer Partnerin, die eine Kunstliebhaberin ist und uns anschliessend auf ihrer Abteilung im Wohnessraum und in ihrem Zimmer mehrere Moehsnang Originalwerke zeigte. Phantastisch! Heba war sehr beeindruckt! Die beiden unterhielten sich über „Wovor hast du Angst“? und die Seniorin musste Heba’s Angst vor Schlangen und Spinnen malen und Heba malte ein nächtliches Gewitter. Die beiden verstanden sich ausgezeichnet! 


Heba hatte nach dieser Begegnung noch eine andere Partnerin, mit der sie sich über ein Geschenk austauschte und sie mallte einen goldenen Ring mit einem grünen Smaragd, der die Seniorin sehr freute. Sie beobachtete genau, ob Heba den Ring auch nach ihrer Vorstellung malte, denn der Ring wurde ihr gestohlen. Sehr zufrieden stellte sie am Schluss fest, dass der Ring wirklich grosse Ähnlichkeit mit dem verlorenen Ring hat! 


Und Ihab hatte eine sehr aufgestellte Partnerin die sehr lustige und lebhafte Geschichten erzählte. Sie fanden und tauschten sich miteinander über das Thema „Meine grösste Dummheit“ aus und sie hatten viel Spass miteinander, weil auch Ihab ein sehr amüsanter Kerl ist.


Eine Jugendliche musste unvorhergesehen auf ihre kleine Cousine aufpassen, so nahm sie die Mädchen einfach mit und setzte es auf einen Stuhl neben sich. Sie richtete ihr den Malplatz ein und liess sie auch eine quadratische Pavatexplatte bemalen. Sie achtete dabei darauf der kleinen Künstlerin immer wieder die Farbschälchen auszutauschen und den Pinsel von Zeit zu Zeit zu waschen. Köstlich die beiden. Gleichzeitig unterhielt sie sich mit ihrer Partnerin über „Den grössten Wunsch“ und beide malten tolle Bilder dazu, eine Reise und ein Hund. 


Nicht vergessen will ich noch die letzten Beiden an diesem Nachmittag, die wohl älteste Teilnehmerin (mit 92 Jahren) freute sich riesig auf N., einer unser kleinen Sonnenscheine. Er erzählt sehr gern Geschichten und stellt ebenso gern viele Fragen. Und auch die Seniorin ist immer noch sehr quicklebendig und auch sie berichtet gerne. Sie hatte grosse Freude an der Begegnung mit dem intelligenten Buben, dessen Bild von ihrem Unglück erzählt. Sie liegt im Spital im Krankenbett. Rechts neben dem Bett steht die Krankenschwester mit blondem Haar und auf der linken Seite der Doktor. Sie selber gab sich viel Mühe und malte sehr konzentriert ein Bild das vom Sturz des Jungen über das Lenkrad bei seinem Velounfall erzählt. „Ist viel Blut geflossen“? fragte die Seniorin. „Ja, sehr viel Blut! Von oben von der Stirn ist es bis auf den Boden herunter gelaufen...“ antwortete er. Zum Abschluss malte sie am Strassenrand noch ein Rasenbord.



Fazit zum MEMORY Projekt: Da waren intensive Erlebnisse und Gefühle auf beiden Seiten und die Kids bemerkten, dass die alten Leute genau gleich wie sie selber fühlen und immer noch Träumen und Wünsche haben. Es kamen oft nicht einfach Fragen wie war die Musik früher oder welche Musik habt ihr früher gehört, sondern die Kids wollten mehr wissen. Sie wollten wissen wie sie Musik fühlten und wie sie das Tanzen erlebten... Und sie freuten sich sehr darüber als die älteste der TeilnehmerInnen sagte, sie tanze viel lieber so wie man heute tanze, frei, für sich alleine oder mit allen zusammen auf der ganzen Tanzfläche in Kontakt. 


Nicht so wie früher, als Pärli, die sich mit exakten Walzertanzschritten im Kreis drehten. Das gefiel ihr nicht so... Oder die Kids fanden es megakuhhhl beim Date im Zweiplätzer Sportwagen Austin über’s Land ausgefahren zu werden statt im mc donalds fooden zu gehen... 


Und sie fühlten sich verstanden, wenn sich auch die alten Leute immer noch vor heftigen Gewittern und Spinnen fürchten. Und Crèmeschnitten isst man auch Lebenslang am liebsten! Und alle brauchten sie Mut, Bilder über die Erzählungen zu malen, alle spürten ihre anfänglichen Startschwierigkeiten die es zu überwinden galt. Bei sämtlichen Gruppen konnte man nach dem Beginn der Malereien bei Alt und Jung eine grosse Konzentration wahrnehmen, wo es still wurde, wo sie mit sich selber und dem was auf der Malfläche passierte beschäftigt waren, 


Momente wo sie um den (für sie selber) „richtigen“ Ausdruck kämpften. Dann die Erleichterung als die Bilder konkretere Formen annahmen und man die Bilder einander zeigte oder vom Gegenüber noch ein Detail etwas genauer erklärt haben wollte... Das Malen bringt eine ebenso reichhaltige Fülle an Gefühlen, Gedanken, Gerüchen und Erinnerungen... in Gang wie die Farben auf der Palette! Zufriedenheit oder Gelöstheit schwebt im Raum wenn Malprozesse beendet sind und bei vielen Menschen stellt sich ein Gefühl ein, dass die Zeit so schnell vorbei ging... Schliesslich sind die gemalten MEMORY Bilder über die Erzählungen der Anderen immer auch gemischt mit einem Anteil der eignen Geschichten, Wahrnehmungen und Erlebnisse!



Am 5. September gibt es für die Kids von 13:30 bis 16:30h einen abschliessenden Workshop im Atelier vom kidswest an der Kasparstrasse 15d. Ich werde die Kids auffordern, mit einem Bild über ihre Erlebnisse mit den alten Leuten zu berichten. Und in der 3. Herbstferienwoche findet am Mittwoch, 10. Oktober von 14-16h im Domicil Schwabgut Normannenstrasse 1 ein wetteiferndes Spielen mit dem MEMORY zwischen den Kids und SeniorInnen statt...



Sophie und Diego sind nun gefordert die Werke der Kids für die Produktion der MEMORY Spiele zu fotografieren und die Videoaufnahmen zu schneiden und ich stelle eine Diashow zusammen. Die Präsentation des MEMORY Projekts findet am 18. Oktober von 19-20 Uhr im Domicil Schwabgut statt. 






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